Die Sache mit den Erinnerungen

Es liegt in der Natur des Menschen, Dinge, die er erlebt, zu speichern. Im Herzen oder im Kopf, lebendig oder schwach. Man spricht von Erinnerungen. Manchmal kann man sagen, dass ganze Leben besteht aus Erinnerungen. Sie begleiten uns jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, in jede Situation. Das ist uns zwar nur selten bewusst, doch es stimmt. Viele der Verhaltenweisen, die der Mensch an den Tag legt beruhen auf Erinnerungen. Diese lassen sich in dem Fall dann als „Erfahrungen“ spezialisieren. Doch auch Erfahrungen gehören zu den Erinnerungen. Man erinnert sich an Situationen, Sätze, einzelne Worte, an Blicke, Gestiken, Gerüche, an Gedanken und sogar an Gefühle. Es gibt Menschen die viele Kindheitserinnerungen haben, andere, die diese Zeit kaum in ihr Gedächtnis zurückrufen können.

Oftmals sind es nur kleine Dinge, Gegenstände oder Wörter die uns urplötzlich in das Reich der Erinnerungen verfallen lassen. Denn selten kramen wir bewusst in den Erinnerungen, selbst wenn sie uns tagtäglich begleiten. Wir erleben etwas, reagieren darauf und denken nicht darüber nach warum wir wie reagieren und welche Erinnerungen und Erfahrungen wir nun damit eingebunden und hervorgerufen haben. Es wäre auch zu viel, zu anstrengend, zu hirnrissig sich das jedes Mal, bei jeder Aktion und Reaktion vor Augen zu führen. Das würde einen jedem an etwas ganz entscheidenden hindern: Am Leben selbst.

Aber manchmal passiert es ja dann doch. Wir hören einen Namen, sehen ein Bild, riechen einen bestimmen Geruch, hören ein spezielles Lied, beobachten eine gewisse Verhaltensweise. Und dann ist alles wieder präsent. Oft denkt man an einen Menschen und an eine Situation. Etwas, was in Kopf und Herz gespeichert wurde. Etwas was uns einst bewegte, faszinierte, verängstigte, verletze. Dann kann ganz viel aus der Vergangenheit hochkommen. Viele Gedanken. Schöne Momente, liebevolle Gesten. Aber auch Schmerz und Wunden. Denn seltsamer Weise scheint es ebenfalls in der Natur des Menschen zu liegen, schmerzhafte Erinnerungen und Erfahrungen zu speichern. Diese begleiten einen zwar nicht unbedingt aktiv Tag für Tag, werden jedoch ganz schnell aktiv, sobald man sich erneut auch nur ansatzweise in solch eine Situation begibt.

Es ist kein einfaches Spiel, sich mit Erinnerungen auseinander zu setzen. Ich kenne eine Reihe von Menschen, und zu diesen zähle ich mich selbst, die es sich zur Leidenschaft gemacht haben, Erinnerungen und den damit zusammenhängenden Gedanken auszuweichen. Menschen, die gar nicht mehr über das reden, was sie bewegt hat, fasziniert, verängstigt oder gar verletzt. Sie fressen das in sich hinein, was menschlicher weise hochkommt, da Erinnerungen sich selten zurück halten.

Ich habe letztens gelesen, dass es anscheinend nach den neusten Erkenntnissen doch möglich ist, Dinge gezielt zu vergessen. Doch das geht nur mit gezieltem Training oder halt durch Verdrängen. Wobei Verdrängen, zumindest für mich bedeutet, dass es jeder Zeit wieder aufbrechen kann.

Es gibt Menschen die nur über ihre Erinnerungen und Erfahrungen sprechen, wenn sie einen gewissen Alkoholpegel erreicht haben. Oder solche, die Dinge vergessen, da ihr Leben so voll ist mit neuen Entdeckungen und Menschen, sodass sie für ihre Erinnerungen, ins besondere die negativen, einfach keinen Platz mehr haben.

So ist es mir letztens passiert, dass ich Zeit mit einer Freundin verbrachte und für mich völlig nebenbei den Namen einer Person erwähnte, welche wir beide kennen. Ich kenne die Erinnerungen die bei dieser Namensnennung in mir aufkommen. Sie hingegen hatte diesen Namen, diese Person und alles was mit ihr zusammenhing total verdrängt. Und durch meine Erwähnung habe ich sie sehr aus ihrer Fassung gebracht. In ihr kamen Erinnerungen auf, sowohl positive als auch negative und sie war reichlich überfordert mit ihnen.

Manche Menschen behaupten, dass Erinnerungen etwas für Träumer sind, für Menschen, die aus ihrer Realität fliehen wollen.

Ich glaube, dass Erinnerungen etwas so alltägliches sind, dass wir aufhören sollten vor ihnen zu fliehen, uns vor ihnen zu verstecken, sie zu ignorieren oder sie gar aus unseren Hirnen zu löschen. WENN es etwas „Naturgegebenes“ ist, und das wäre nach meiner Definition etwas von Gott gegebenes, DANN muss es auch möglich sein, dieses in seinen Alltag einzubauen. Zu dem zu stehen, was man erlebt und wie man Dinge empfunden hat. Auch wenn man dann ein stückweit sentimental werden könnte. Lieber wissen was in einem schlummert, als irgendwann sehr unangenehm überrascht zu werden. Auch wenn Erinnerungen, wie nun schön öfters erwähnt, nicht immer positiv sind, sollte man lernen sich ihnen zu stellen. Auf das man sich selbst nicht im Wege steht in der großen Aufgabe des Menschen Daseins: Das Leben selbst.


Danke fürs lesen.

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Hey, ich hoffe du spielst mit dem Alkoholpegel nicht auf mich an, dann wäre ich persönlich beleidigt ;)
Naja, irgendwie sind deine Gedanken doch immer sehr verklausuliert. Vielleicht hindert einen nicht nur das Nachdenken übers Reagieren, sondern auch das Nachdenken übers Nachdenken am Leben... Weniger Fragen stellen, mehr Leben! Das wäre mein Kommentar... Grützi!

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